Das fulminante Final-i-Tüpfelchen für loyale Fans.
Manga- und Anime-Fans müssen manchmal enorm viel Geduld mitbringen und eine manchmal zermürbende Wartezeit in Kauf nehmen, um in den Genuss der herbeigesehnten Fortsetzung der gefeierten Serie zu kommen. Gelegentlich betrifft diese schmerzhafte Tatsache dann sogar noch den Videospielbereich, wovon vor allem Fans von Fairy Tail ein verzweifeltes Lied singen dürften. Nachdem Publisher Koei Tecmo und Entwicklerstudio Dust 2020 nämlich einen virtuellen JRPG-Ausflug in die Welt von Natsu, Lucy und Exceed-Katze Happy auf den Markt gebracht und dabei nur einen Teil der Handlung abgedeckt hatten, begann das lange Warten auf einen eigentlich vorprogrammierten Nachfolger, das mit einer monatelangen Info-Durststrecke begann. Ja, als Manga-, Anime- und auch Videospielfan muss man eben einen wirklich reißfesten Geduldsfaden haben.
Vergessen wurden die loyalen Anhänger jedoch nicht und wurden mehr als vier Jahre nach Veröffentlichung des Vorgängers nun endlich belohnt: Denn mit Fairy Tail 2 geht Natsus Reise endlich in die zweite Runde und will das bereits erschaffene Fundament nicht nur ausbauen, sondern alte Schwachstellen gleichzeitig kitten, um das ultimative Mittendrin-Gefühl zu erschaffen. Und mit der Umsetzung der finalen Arc zudem noch jegliche Trilogie-Ambitionen über Bord werfen, weshalb sich wirklich niemand über eine Wiederholung der ausgedehnten Warteperiode fürchten muss.
Nun bleibt nur noch die Frage, ob die altbekannte Redewendung Was lange währt, wird endlich gut auch bei diesem Endresultat greift oder die erfolgreich absolvierte Geduldsprobe in eine mittelschwere Enttäuschung mündet. Und um diese mit einer passenden Antwort zu versehen, habe ich meine Fairy Tail-Sammlung endlich mal wieder entstaubt, mein über viele Jahre mühsam angesammeltes Serienwissen reaktiviert und mich hochmotiviert in die Fortsetzung gestürzt. Weshalb mich das actionreiche JRPG dabei definitiv überzeugen konnte, dabei aber auch einen bitteren Beigeschmack hinterlassen hat, möchte ich euch im Test verraten.
Episches Finale mit Qualitätsabstrichen
„Erlebe erneut den Höhepunkt der Original-Serie in einem Spiel!“. Worte, die wohl jeden Fan der 63 Manga-Bände und 328 Anime-Episoden (exklusive einiger Pre- und Sequel-Erzählungen sowie OVAs und Filme) überdauernden Fairy Tail-Reihe direkt aufhören lassen dürften. Denn anstatt nahtlos an den Vorgänger anzuschließen, überspringen Koei Tecmo und Dust einige relevante Handlungsmomente und beginnen direkt bei der fulminanten Alvarez Arc, die das epische Finale der Originalgeschichte markiert. Der optimale Nährboden für eine phänomenale Action-Sause, die zusätzlich mit erzählerischen Highlights angereichert wird und eigentlich automatisch an die Konsole fesseln sollte.
Dementsprechend liest sich auch die grobe Zusammenfassung im ersten Moment unheimlich spannend: Anstatt den Weg des Friedens zu wählen, entscheidet sich der schwarze Magier Zeref – der unter dem Namen Spriggan zugleich als erbarmungsloser Kaiser des Alvarez-Reiches fungiert – für einen kriegerischen Pfad und ist bereit, jegliche Hindernisse in Schutt und Asche zu verwandeln. Ein finsteres Vorhaben, dass die Mitglieder der Fairy Tail-Gilde natürlich nicht einfach hinnehmen wollen und dem mächtigen Widersacher sowie seiner schlagkräftigen Elite-Einheit Spriggan 12 den Kampf ansagen. Und als das Erscheinen des schwarzen Drachen Acnologia dann auch noch das jähe Ende der gesamten Menschheit einläutet, muss die Heldentruppe endgültig über ihre Grenzen hinauswachsen, um zu Weltenrettern zu avancieren.
Klingt spannend und dürfte Fans zweifelsfrei immer mal wieder ein kleines nostalgisches Lächeln auf die Lippen zaubern. Leider dürfte diese Emotion an sich aber nur sehr selten ausgelöst werden, erreicht die Inszenierung doch nur äußerst selten die Qualität des Animes und verkommt ansonsten zu einer fast schon lieblosen Standbild-Sammlung, den netterweise mit hölzernen Animationen dann doch noch eine gewisse Restdynamik verpasst wurde. Dadurch stechen besonders epische Momente durch eine film-, beziehungsweise Anime-reife Präsentation dann natürlich hervor, anschließend folgt dann aber der steile Absturz in die spannungsfreie Mittelmäßigkeit.
Besonders schlimm wird das Ganze in den Momenten, in denen scheinbar sogar Standbilder den Zeitplan sprengten und somit ebenfalls keine Option waren. Hier werden die wichtigsten Ereignisse nämlich schnell mit einem kurzen, fast schon lieblos auf einen schwarzen Hintergrund geknallten Text abgearbeitet, wodurch der eigentlich angenehme Flow vollkommen außer Kontrolle gerät und mich urplötzlich aus dem Geschehen wirft. Ja, wirklich jeden Augenblick einer umfangreichen Anime-Reihe in die Videospieldimension zu übernehmen mag ein schwieriges Unterfangen sein, die von Koei Tecmo und Gust auserkorene Lösungsmöglichkeit erweist sich allerdings dann doch als Vollflop.
Keine Chance für Quereinsteiger
Loyale Fans wird das allerdings höchstwahrscheinlich nur marginal stören, bietet Fairy Tail 2 doch auch in dieser Form zahlreiche Höhepunkte, die enorm mitreißenden in Szene gesetzt sind und nostalgische Erinnerungen an die gemeinsame Reise mit Natsu, Lucy und Co. wecken. Zusätzlich wartet mit „Key to the Unknown“ noch ein spannender Epilog, der zwar nicht ganz an die Klasse der Haupthandlung anknüpfen, aber mit herrlichen Dialogen immerhin ein neues und durchaus gelungenes Kapitel präsentiert, dank dem man weitere virtuelle Stunden mit den liebgewonnenen Helden verbringen darf. Da dürfen auch kleinere Qualitätsabstriche akzeptiert werden.
Vollkommene Neueinsteiger in der fantasievollen Welt müssen derweil auf jegliche Hilfestellungen verzichten und werden regelrecht mitten ins Geschehen geschubst, dem Chaos unbekannter Gesichter, komplexer Interaktionen sowie einer kaum nachvollziehbaren Vorgeschichte ausgeliefert. Denn ohne ausschweifendes Intro geht die finale Arc direkt in die Vollen, verzichtet demzufolge also auf einen kurzen Rückblick und bietet höchstens noch eine umfangreiche Enzyklopädie, die zwar mit wissenswerten Informationen gefüllt ist, aufgrund einer tristen Präsentation allerdings eher zu einem vernachlässigbaren Gimmick degradiert wird.
Ähnlich zwiegespalten stand ich beim Tests den optionalen Erinnerungsausflügen am gemütlichen Lagerfeuer gegenüber. Hier durfte ich nämlich nicht nur die Schnellreise nutzen oder speichern, sondern gleichzeitig verschiedene Momente aus der Anime-Historie anschauen, die ich zuvor durch das Erfüllen bestimmter Rahmenbedingungen freigeschaltet hatte. Und während mir diese Szene als langjähriger Fan gelegentlich mal ein kleines Lächeln entlockten und mich die verschiedenen Helden näherbrachten, dürften Neulinge noch weiter in die Verwirrungsabgrund hinabstürzen, müssen sie nun doch auch noch erraten, wie das Gezeigte zeitlich einzuordnen ist. Und wenn sich die Zwischensequenzen dann inszenatorisch dann ebenfalls nur auf Sparflamme laufen, wird das Ganze logischerweise nochmal zusätzlich erschwert.
Sicherlich werden nun einige rebellische Stimmen laut, die meine Kritik als vollkommen unsinnig abtun. Tatsächlich würde ich diesen Meinungen zu einem gewissen Teil auch zustimmen, bin ich mir doch ziemlich sicher, dass sich kein völliger Anfänger Fairy Tail 2 zulegen und das vollumfängliche Verständnispaket erwarten würde – dafür gibt es immerhin den Vorgänger, der ohne Frage einen deutlich besseren Einstiegspunkt darstellt. Dennoch hätten sich Koei Tecmo und Gust etwas mehr Mühe geben dürfen, damit auch angestaubte Fan-Gehirne (wenn man sich täglich neue Manga und Animes reinzieht, verblassen einige Serien eben gerne mal) möglichst effektiv abgeholt werden und man nicht auf eine lahme Info-Sammlung zurückgreifen muss.
Zeit- und Kostenersparnis bei der Videospielproduktion
Abseits der angesprochenen Handlungsprobleme, von denen zumindest ein gewisser Prozentsatz als Meckern auf hohem Niveau abgestempelt werden darf, dürften Fans allerdings nur wenig Raum für Kritik vorfinden. Denn wie bereits beim Vorgänger hat sich das Entwicklerteam sicht- und hörbar viel Mühe gegeben, dass auch Fairy Tail 2 wie ein virtuelles Abziehbild des Animes wirkt und somit alle altbekannten visuellen sowie akustischen Elemente an Bord hat, um kombiniert das ultimative Atmosphäre-Paket zu bilden.
Mit einem rockigen Soundtrack und den japanischen Originalsprechern wird das altbekannte Anime-Feeling bereits ab der allerersten Sekunde eingefangen und sogar in vergleichsweise dürftig präsentierten Konversationen meisterhaft ausgespielt. Vor allem der oftmals fordernde Wechsel zwischen humoristischem Geplänkel und emotionalen Wutreden gelingt dank kräftiger Stimmen und passenden Melodien auch in der Videospielvariante optimal, kann das undynamische Geschehen gelegentlich sogar vortrefflich kaschieren. Einziger Wermutstropfen: Wer auf eine ansonsten standardmäßig enthaltene englische Sprachausgabe gehofft hat, muss sich leider mit dem japanischen Original begnügen.
Optisch wurde wenig überraschend der Cel-Shading-Look des Erstlings übernommen, der selbstverständlich aufpoliert wurde und nun vor allem während der actionreich in Szene gesetzten Kämpfe eine außerordentlich gute Figur macht. Hier greifen nämlich detaillierte Charaktermodelle, bildschirmfüllende Effekte, wuchtige Spezialattacken und filmreife Kamerafahrten gekonnt ineinander, um kleine Wow-Momente auszulösen und die beeindruckende Macht meiner Heldenriege glaubhaft zu visualisieren. Überhaupt wurden die zahlreichen Pro- und Antagonisten hervorragend eingefangen und können sich – abgesehen von den stellenweise erschreckend leblos anmutenden Gesprächen – definitiv sehen lassen.
Doch eben diese leblos anmutenden Gespräche brachten einen Kritikstein ins Rollen, den ich während meines Tests kaum ignorieren konnte, verpassten sie Fairy Tail 2 doch ungewollt einen billigen Touch, der durch weitere fragwürdige Designentscheidungen zunehmend verstärkt wurde. Ebenso leere und grafisch triste Schauplätze, gelegentliche Clipping-Fehler, unausgegorene Animationen sowie die bereits ausführlich angesprochenen Qualitätsschwankungen bei den Zwischensequenzen weckten in mir immer wieder das Gefühl, dass für die Fortsetzung nur ein geringes Geld- und/oder Zeitbudget zur Verfügung stand, an ausgewählten Stellen dementsprechend der Sparmodus aktiviert werden musste. Prinzipiell mag das kein KO-Kriterium sein, können Videospiele mit minimalem Aufwand und erfinderischen Kniffen doch vor allem heutzutage ebenfalls zu einem kleinen Meisterwerk avancieren, bei Koei Tecmos und Gusts Sequel fällt der Abstand zwischen ordentlich aufpoliert und Sparflamme dann aber so weit aus, dass der Gesamteindruck deutlich nach unten gezogen wird – dem vernichtenden Nullpunkt aber dennoch ausreichend fernbleibt.
Bravouröse Echtzeit-Verbesserung
Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass es sich bei Fairy Tail 2 um eine typische Anime-Videospielfortsetzung handelt, die dem direkten Vorgänger in nahezu jeglicher Hinsicht ähnlich ist und höchstens in Sachen Handlung sowie Technik eine zusätzlichen Feinschliff spendiert bekommt. Schnell wurde ich jedoch eines Besseren belehrt, wurden die rundenbasierten Kämpfe des Erstlings doch gnadenlos über Bord geworfen und durch dynamischere Echtzeitkämpfe ersetzt, die nicht nur deutlich mehr Spielspaß versprechen, sondern der actionreichen Vorlage zudem endlich gerecht werden.
Mit einer bis zu dreiköpfigen Truppe stelle ich mich teils hartnäckigen Feinden in den Weg, wobei ich nur einen Helden aktiv kontrollieren darf und meine Verbündeten vom Computer übernommen werden. Bevor ich aber schmerzhafte Hiebe verteilen darf, muss ich zunächst brav das vollständige Aufladen meiner Aktionsleiste abwarten, die anschließend das Ausführen eines gewünschten Manövers erlaubt. Hierbei handelt es sich erzwungenermaßen um einen recht unspektakulären Standardangriff, mit denen ich Skill Points (SP) sammle, die wiederrum für den Einsatz teils eindrucksvoller Spezialattacken investiert werden dürfen. Sprich: Direkt zu Beginn eines Duells aus allen Rohren zu feuern ist leider nicht möglich, sondern muss zunächst Schritt für Schritt erarbeitet werden.
Oberflächlich betrachtet wird das Genre-Rad dadurch nicht einmal ansatzweise neu erfunden, allerdings nutzen Koei Tecmo und Gust diesen recht gradlinigen Ansatz geschickt, um eine taktik- und variantenreiche Schlachtplatte anzurichten. Da nämlich einige Moves mehr, andere weniger SP benötigen, darf ich eingangs in mich gehen, ob ich mich auf minimalen oder maximalen Schaden konzentrieren möchte. So oder so liegt das Hauptaugenmerk aber darin, die Break-Leisten (letztlich Verteidigungsbalken) meiner Gegner zu pulverisieren, um einen Kombi-Angriff mit einem meiner beiden Partner vom Stapel zu lassen. Habe ich dann schlussendlich die komplette Break-Verteidigungsmauer eingerissen, bringe ich meine Widersacher nicht nur ins Taumeln, sondern darf einen auf den anmutigen Namen Unison Raid hörenden Super-Duo-Ansturm aktivieren. Ihr merkt schon, dass das Angriffsrepertoire recht umfangreich ausfällt und nur selten zum stupiden Knöpfendrücken verkommt.
Und vollends ausgeschöpft sind die Möglichkeiten des Kampfsystems damit immer noch nicht. Zusätzlich darf ich mir nämlich noch Hilfe von zahlreichen Support-Charakteren einholen, meine grundlegenden Statuswerte kurzzeitig pimpen oder fleißig am Auffüllen der sogenannten Fairy Rank-Anzeige arbeiten, die neben der Aktivierung weiterer Spezialattacken gleichzeitig noch meine zur Verfügung stehenden SP-Reserven aufstockt und meiner Angriffsserie somit weitere Alternativrouten eröffnet. Dieser Vielfalt ist es dann auch zu verdanken, dass die Gefechte durchgehend beste Action-Unterhaltung garantieren und mich wirklich zu keinem Zeitpunkt meiner knapp 25-stündigen Abenteuerreise langweilten.
Auf zu neuer Gildenstärke!
Großer Wermutstropfen: Im Vergleich zum Vorgänger (inklusive DLC) steht mit insgesamt zehn Helden nur die Hälfte der spielbaren Kämpfer zur Verfügung, was vor allem Fans der fehlenden Akteure anfangs ordentlich ärgern dürfte. Allerdings kann das aufgemotzte Kampfsystem darüber rasant hinweghelfen und gibt mir mit allerlei nützlichen Hilfestellungen dann auch die Möglichkeit, die zehnköpfige Truppe wirklich ausgiebig auszuprobieren, also nicht nur starr auf einem Trio zu beharren.
Beispielsweise verdienen sich auch passive Gruppenmitglieder Erfahrungspunkte, bleiben dadurch auch nach längerer Inaktivität stets einsatzbereit und können die anstehenden Herausforderungen spielend leicht bewältigen. Zudem darf ich meine Zusammenstellung abseits der Kämpfe jederzeit anpassen und auf dem Schlachtfeld sogar via Knopfdruck zwischen meiner agierenden Einheit hin- und herspringen. Eine temporäre Experimentierphase bietet sich dementsprechend hervorragend an, um die eigene Taktik nachhaltig zu verfeinern und auf ein neues Level zu heben. Ein Vorhaben, das sich nicht nur in der Theorie klasse anhört, sondern in meiner Testpraxis auf zufriedenstellende Ergebnisse hervorbrachte (und zwei Mitglieder meines Startteams leider in den Abgrund der Nutzlosigkeit beförderte).
Apropos Level: Wie bereits erwähnt – und wie für ein waschechtes Action-JRPG eigentlich fast schon verpflichtend – kassiere ich für das Vermöbeln fieser Buben Erfahrungspunkte, die früher oder später zu einem Stufenanstieg führen und mich mit Magic Origins versorgen, die ich innerhalb eines dreiteiligen Talentbaums wiederrum für das Freischalten neuer Spezialfähigkeiten sowie das Verbessern der grundlegenden Statuswerte meiner Helden ausgeben darf. Obwohl das Ganze recht übersichtlich ausfällt und für Genre-Profis sowie -Anfänger gleichermaßen zugänglich gestaltet ist, darf die Punkteverteilung auf Wunsch auch vollautomatisch erfolgen, damit man sich einfach nur auf die Prügeleien konzentrieren darf.
Hat man das angenehm vielschichtige Kampfsystem ausreichend verinnerlicht, fällt Fairy Tail 2 selbst auf dem höchstens Schwierigkeitsgrad angenehm machbar aus, bietet dabei aber zugleich eine angenehme Herausforderung, die meine volle Konzentration, strategische Raffinesse sowie eine geschickte Nutzung aller Mechanismen erfordert. Habe ich die richtige Truppe zusammengestellt, um elementare Schwächen der bevorstehenden Gegnerhorden ausnutzen zu können? Wurde des empfohlene Quest-Level erreicht oder sollte ich lieber noch einige (kaum wirklich erforderliche) Grind-Runden einlegen? Und habe ich die Spielwelt und freundliche Händler nach mächtigen Lacrima-Kristallen durchforstet, damit ich jeden meiner Helden mit jeweils drei Stück ausrüsten und dadurch weitere unverzichtbare Verbesserungen freischalten kann?
Koei Tecmo und Gust haben sich viel Mühe gegeben, dass sich das Kampfsystem nicht in einer ermüdenden Endlosschleife verliert, sondern regelmäßig zum Ausprobieren einlädt, um mit dem daraus resultierenden AHA-Effekt direkt einen animierenden Motivationsschub zu erhalten. Hilfreich ist dabei auch die Tatsache, dass wirklich kein Schritt unnötig verschachtelt ausfällt, sondern mich möglichst schnell zum gewünschten Ziel führt. Paradebeispiel: Hat meine Truppe eine gewisse Levelgrenze erreicht, meinen Erfahrungspunktedurst damit aber noch nicht gestillt, darf ich weiter frei herumlaufende Feinde attackieren, muss allerdings nicht jedes Mal einen gestreckten Kampf gegen Schwächlinge bestehen – ein Treffer reicht und schon verschwinden die Kinderkram-Kreaturen, während mein EXP-Konto anschwillt.
Rettungsanker Fan-Bonus
Mit Blick auf zahlreiche Anime-Versoftungen der Videospielvergangenheit hätte sich das Entwicklerteam damit eigentlich schon zurücklehnen und die Arbeit einstellen können. Sich von einem actionreichen Duell zum nächsten kloppen, zwischendurch die ausgewählte Trio-Truppe mit allerlei Upgrades ordentlich aufmotzen und während der Ruhephasen einige Zwischensequenzen reinziehen klingt doch eigentlich auch schon nach einem soliden Gesamtpaket. Stattdessen eröffnet Fairy Tail 2 jedoch noch ein weiteres Gameplay-Feld und eröffnet eine optisch triste und unangenehm menschenleere, dafür zuweilen aber immerhin recht atmosphärische Spielwelt, die ich frei erkunden darf.
Open-World-Hasser dürfen hierbei nun beruhigt aufatmen, fallen all die enthaltenen Regionen doch enorm gradlinig aus und bleiben dadurch stets überschaubar. Die fehlende Quantität soll dabei durch spielerische Qualität ersetzt werden, weshalb ich allerlei Nebenaufgaben angehen und mich auf die Suche nach Sammelgegenständen machen darf, um mich dadurch intensiver mit den Schauplätzen zu beschäftigen. So helfe ich den Bewohnern bei ihren persönlichen Problemchen, zwinge gigantische Gebietsbosse in die Knie, halte Ausschau nach dem gut versteckten Stellargeist Plue oder ergattere überall verstreute Dokumente, die weitere Geschichten zu den jeweiligen Hauptakteuren beinhalten. Neben der Rettung der gesamten Welt stehen folglich noch viele weitere Punkte auf der Checkliste.
Und während das generelle Design dank einem leichten Metroidvania-Touch – gewissen Bereiche der verschiedenen Karten lassen sich erst mit dem Freischalten neuer Spezialfähigkeiten erreichen, erfordern dementsprechend also einen erneuten Besuch zu einem späteren Zeitpunkt – auf einem akzeptablen Niveau liegt, in mir zeitweise tatsächlich den Forscherdrang weckte, handelt es sich bei all diesen zusätzlichen Aufgaben schlussendlich dann doch nur um einen netten Zeitvertreib. Fast alle Schatztruhen und kostbaren Objekte wirklich lieblos hineingeworfen, die Spielwelt bietet neben einiger Sehenswürdigkeiten keine spannenden Berührungspunkte und auch die Side Quests fallen durch eine lustlose Inszenierung und lahme Hol-, Bring- und Besiege-Missionen eher negativ auf. Kein Wunder, dass freudiges Erforschen bei mir damit schnell zum nervtötenden Abarbeiten wurde.
Doch irgendwie scheint genau das die große Gemeinsamkeit zwischen den erzählerischen, technischen sowie auch spielerischen Versäumnissen zu sein, die Fairy Tail 2 in ein eigentlich grundsolides, vielleicht sogar überraschend starkes Action-JRPG mit einigen gravierenden Schwächen verwandeln. Während ich als Serienkennern zweifelsfrei meine Freude hatte, all diese Probleme dabei jedoch kaum ignorieren konnte, werden langjährige Manga- und Anime-Fans mit weiterhin 100%iger Superliebe für Natsu, Lucy und Co. keinerlei Schwierigkeiten haben, eben diese Unpässlichkeiten in die hintersten Gedankenschubladen zu verbannen und sich gänzlich den Ereignissen der finalen Arc hinzugeben. Lässt man die gelegentlichen Inszenierungsausrutscher nämlich mal außen vor, haben sich Koei Tecmo und Gust gelungen vor dem finalen Akt verbeugt, diesen mit viel Liebe ins Videospielformat übertragen und ausreichend Umfang zusammengestellt, damit man sich hier etliche Stunden austoben darf.
Wer sich nun also als eben solcher loyaler Fan bezeichnet, die hauseigene Wand mit unzähligen Plue-Poster tapeziert hat und beim Durchlesen meiner kritischen Punkte kurz vor einem lautstarken Wutausbruch stand, darf direkt in den Ruhemodus schalten und sich einer Sache gewiss sein: All die aufgeführten Schwächen entspringen einer völlig objektiven Sichtweise, dienen demzufolge als Warnung an den handelsüblichen JRPG-Freund mit mangelnden Gildenkenntnissen, der an einen Quereinstieg denkt. Und während sich dieser besser zunächst durch all die Manga lesen sowie Anime-Episoden schauen sollte, bevor er in die zweiteilige Videospielreihe hüpft, fügen Fans meiner finalen Wertung einfach einige Punkte hinzu und liebäugeln anschließend mit einem Kauf. Denn bei Fairy Tail 2 behalten die Stärken für die Fangemeinde problemlos die Oberhand.
Fazit
Eigentlich ist es schade, dass sich Koei Tecmo und Gust nicht mehr Mühe gegeben haben, mit Fairy Tail 2 auch serienunerfahrene Quereinsteiger abzuholen und diesen mit ausführlichen Rückblicken und erklärenden Zwischensequenzen einen angenehmen Einstieg zu präsentieren. Immerhin präsentiert sich das Action-JRPG als perfekter Beweis dafür, dass man unbedingt mehr Zeit in der fantasievollen Welt von Natsu, Erza, Gray und Co. verbringen sollte – verpasst dem positiven Gesamteindruck mit unliebsamen Schwächen dann aber doch einige derbe Schnitzer.
Eine lückenhafte Erzählung, inszenatorische Ausrutscher, grafische Ungereimtheiten oder spielerisch eher anspruchslose Nebenbeschäftigungen: Alles Dinge, die das Team mit etwas mehr Zeit, mehr Bemühungen, vielleicht ja auch mehr Budget zur Perfektion hätte hochpolieren können, um der Brillanz der Vorlage vollends gerecht zu werden. Glücklicherweise retten zahlreiche Handlungshighlights, ein schicker Cel-Shading-Look inklusive anschaulicher Effekte sowie ein ebenso zugängliches wie auch vielschichtiges Echtzeit-Kampfsystem das Gesamtwerk vor einem Totalausfall und sorgen dafür, dass der Unterhaltungswert durchweg hoch bleibt. Mit dem favorisierten Heldentrio fiese Gegnertruppen ins Visier zu nehmen und mit allerlei Superangriffen zu pulverisieren macht einfach nur Laune und langweilt bis zum Erreichen des Abspanns nach knapp 25 Stunden – sofern einige Nebenaufgaben ebenfalls angegangen werden – zu keinem Zeitpunkt.
Für jahrelange Fans und Freunde des Vorgängers wird Fairy Tail 2 dementsprechend ohne Frage zum wahren Pflichtkauf, handelt es sich hierbei doch grundsätzlich um die geglückte Videospielumsetzung der epischen Alvarez-Arc, also einem wahren Paradies für Serienanhänger. Wird es Koei Tecmo und Gust stören, dass das Action-JRPG so viel mehr hätte sein können? Höchstwahrscheinlich nicht, konzentriert man sich mit einem virtuellen Anime-Sequel doch prinzipiell schon an einen engere Zielgruppe. Dennoch bleibt es für mich persönlich beim Verfassen dieser Zeilen ein Ärgernis, dass nicht das volle Potenzial dieser amüsanten Action-Sause ausgeschöpft wurde. Beinharte Fans der ersten Stunde wird aber sicherlich kaum jucken.
Neu erstellte Kommentare unterliegen der Moderation und werden erst sichtbar, wenn sie durch einen Moderator geprüft und freigeschaltet wurden.
Neu erstellte Kommentare unterliegen der Moderation und werden erst sichtbar, wenn sie durch einen Moderator geprüft und freigeschaltet wurden.