Yomawari: Lost in the Dark

Eindringliche Fluchbekämpfung mit bedrückendem Horrorbeginn.


Horror ist nicht gleich Horror. Eine Aussage, die wohl zahlreiche Genre-Fans ohne große Überlegung direkt unterschreiben würden, präsentierte sich der Gruselkosmos im Laufe der letzten Jahrzehnte doch unglaublich vielschichtig. Ob nun schwarzweiße Monsterklassiker aus den 30ern, schonungslose Splatterstreifen oder subtile Psychofilme mit beklemmender Atmosphäre – die Horrorwelt ist wahrlich komplex und lässt sich schwerlich in eine einzelne Kategorie zwängen.


Wenig überraschend zeigt sich im Videospielbereich ein ähnliches Bild, wobei der Zeiger in den letzten Jahren hier gefühlt verstärkt in blutrote Richtung ausschlägt. Doch während aktuelle Veröffentlichungen immer weiter an der Gewaltschraube drehen und die Jugendschützer dieses Landes vom Stuhl kippen lassen, taucht manchmal dann eben doch der eine Horrortitel auf, der blutige Exzesse bewusst weit in den Hintergrund stellt und einen psychologischen Angriff auf die Angstsynapsen der Gamer startet. Im Oktober 2015 startete das japanische Entwicklerstudio Nippon Ichi Software mit Yomawari: Night Alone einen solchen Angriff, der im Oktober 2017 mit dem Sequel Midnight Shadows fortgesetzt wurde und nun – wie sollte es anders sein – Oktober 2022 mit Yomawari: Lost in the Dark seinen Trilogie-Abschluss findet.


In meinem Test verrate ich euch, ob sich der dritte Survival-Ausflug in die Albtraumwelt erneut als Halloween-Pflichttitel präsentieren kann oder dem unheimlichen Taschenlampenspiel langsam die Gruselpuste ausgeht. Vorher möchte ich jedoch eine Trigger-Warnung aussprechen: Während der ersten Hälfte meiner Besprechung werden schwere Themen wie Mobbing, Depressionen und Suizid angeschnitten, weshalb ihr das Weiterlesen an dieser Stelle beenden und über eine weitere Auseinandersetzung mit der Yomawari-Reihe ausführlich nachdenken solltet.


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Ein Anfang mit realem Schrecken


Anstatt mit einer stylischen Intro-Sequenz oder der altbekannten Logo-Präsentation, beginnt Yomawari: Lost in the Dark mit drei (zunächst simpel erscheinenden) Hinweisen. Die erste Botschaft unterstreicht die Wichtigkeit des Sounds, weshalb Kopfhörer für ein vollumfängliches Horror-Erlebnis dringend empfohlen werden. Anschließend folgt die unheimliche Warnung, dass das Team von Nippon Ichi Software für jegliche übernatürliche Sichtungen abseits des eigenen Bildschirms nicht verantwortlich ist. Zu guter Letzt kommt allerdings der leichte Schlag in die Magengrube: Denn Spielern mit geistigen und körperlichen Problemen wird geraten, an dieser Stelle direkt abzubrechen.


Normalerweise stemple ich solche anfänglichen Informationen als vernachlässigbar ab, klicke mich rasant durch das dröge Blabla, um direkt ins Abenteuer zu starten. In diesem Fall zogen mich jedoch bereits die minimalistisch präsentieren Mitteilungen in ihren Bann – und entfalteten schon nach wenigen Sekunden ihre unliebsame Wirkung. Nach einer kurzen, rudimentären Charaktererstellung mitsamt typischen Frisur-, Outfit- und Namensanpassungen ertönt nämlich urplötzlich ein lautes Klopfen, woraufhin ich in einer Schultoilette erwache. Hier übernehme ich die Kontrolle der jungen Schülerin Yuzu – dieser Name wird in der Erstellungsmaske automatisch vorgeschlagen und wurde von mir dankend angenommen – und geleite sie zu ihrem Klassenzimmer.


Klingt recht harmlos, wird in der spielerischen Realität jedoch zu einer ebenso grausamen wie auch niederschmetternden Tortur, deren Ende ich mit jeder fortlaufenden Sekunde regelrecht herbeisehnte. Bei diesem Marsch erlebe ich nämlich zahlreiche hässliche Facetten des Mobbings und beobachte hilflos, wie Yuzu von ihren Mitschülern ausgelacht, verletzt, ignoriert und psychisch an den Abgrund getrieben wird. Yomawari: Lost in the Dark hält in diesen Momenten keinerlei Linderung für die schmerzhaften Bildern bereit, sondern lässt diese mit dunklen Farben, düsteren Effekten und spärlich eingesetzten Dialogen nur noch intensiver erscheinen.


Und es wird sogar noch schlimmer. Anstatt irgendwelche Möglichkeiten zum Schutz gegen diese Anfeindungen angeboten zu bekommen, muss ich dann auch noch beobachten, wie Yuzu am Ende ihrer Kräfte den Rand des Schuldachs aufsucht und vollkommen hilflos und verzweifelt gen Himmel schaut. Zum Glück befreit mich ein Kameraschwenk aus dieser beklemmenden Situation und leitet mich zum Hauptmenü weiter, das erfreulicherweise auch als narrativer Sprung fungiert und mich aus dem aufwühlenden Schulleben befreit. Urplötzlich findet sich Yuzu nämlich in einem dunklen Wald wieder und stellt fest, dass sie fast all ihre Erinnerungen verloren hat.


Die Begegnung mit einem geheimnisvollen Mädchen sorgt für zusätzliche Verwirrung und vor allem auch Beunruhigung. Hinter den merkwürdigen Ereignissen soll nämlich ein mächtiger Fluch stecken, der nur durch das Auffinden verschiedener in einer gespenstischen Stadt versteckter Gegenstände und dem damit in Verbindung stehenden Wiedererhalt aller verlorener Erinnerungen vor Sonnenaufgang gelüftet werden kann. Leider wird der Weg zu diesen hilfreichen Objekten von allerlei unheilvollen Geistern bewacht, die es auf Yuzus Leben abgesehen haben – und gegen die ein unschuldiges Mädchen logischerweise keine Chance hat.




Taschenlampenlicht in der Dunkelheit


Natürlich ist sich Yomawari: Lost in the Dark dessen vollkommen bewusst, drückt mir aber dennoch lächelnd eine einfache Taschenlampe in die Hand und schubst mich gnadenlos in das gruselige Erlebnis. Wie bereits bei den Vorgängern Night Alone und Midnight Shadows liegt es nun an mir, die Straßen der Stadt allein zu navigieren und mir einen Weg zu den einzelnen Gegenständen zu bahnen, während ich den tödlichen Kreaturen der Nacht ausweiche.


Gänzlich besiegen kann ich diese zwar nicht, sie mit meiner Taschenlampe aber immerhin sichtbar machen und dadurch vermeiden, in einen blutigen Angriff hineinzulaufen. Je nach Gegnertyp muss ich mein Vorgehen dabei jedoch gezielt anpassen, folgen sie doch alle einem individuellen Muster und lassen sich dementsprechend leichter, schwerer oder überhaupt nicht austricksen. Kann ich mich manchmal beispielsweise schon mit einem guten Versteck, einem geworfenen Stein, dem Verschließen meiner Augen oder dem rechtzeitigen Anleuchten in Sicherheit bringen, reicht in anderen Situationen nur ein geschicktes Ausweichmanöver, dem ein beherzter Sprint folgt.


Doch auch hier muss ich mit kühlem Kopf und durchdachter Strategie vorgehen. Nicht nur, dass mein Ausdauerbalken recht überschaubar ausfällt, zudem leert sich dieser in der Nähe bedrohlicher Angreifer noch schneller und verwandelt mich beim Erreichen des Nullpunkts schlagartig in eine Schnecke. Vor allem während der ersten Stunden stellte mir Yuzus limitierte Lungenkapazität beim Lauf in Richtung Überleben regelmäßig ein Bein und ließ mich rasant in einen unschönen Bildschirmtod stolpern.


Dadurch animierte mich Yomawari: Lost in the Dark früh, ruhiger vorzugehen und kommende Gefahren rechtzeitig zu antizipieren, um nicht in einer ausweglosen Falle zu enden. Kaum hatte ich mich auf das gemächliche Tempo der atmosphärischen Stadterkundung eingelassen, bekam ich gefühlt mehr von dieser schaurigen Welt mit und verbuchte zudem einige dringend benötigte Erfolge, die meine schwierige Mission trotz stets auf mich niederregnender Herausforderungen mit einem Hauch Hoffnung erfüllten.




Der Tod lauert an jeder finsteren Ecke


Nun erweckt der letzte Abschnitt den Anschein, dass mich Yomawari: Lost in the Dark nach einer kurzen Eingewöhnungszeit überhaupt nicht forderte und ich problemlos zum Abspann durchsprinten konnte. Tatsächlich ist das genaue Gegenteil der Fall – denn selbst höchste Konzentration und ausgeklügelte Sicherheitsmaßnahmen konnten mich nur selten vor meinem virtuellen Dahinscheiden zu bewahren.


Das Fehlen jeglicher Bewaffnung (die Taschenlampe klammere ich hier mal ausnahmsweise aus) mag der Strahlkraft der beklemmenden Atmosphäre enorm helfen, birgt jedoch den bedauerlichen Nachteil, dass bereits kleinere Ausrutscher direkt bestraft werden. Gerate ich auch nur für den Bruchteil einer Sekunde an einen Geist, wird mir mein Versagen in Form mehrerer Blutspritzer schonungslos vor Augen geführt. Und glaubt mir: diese Blutspritzer werdet ihr öfter sehen! Dabei sind es nicht nur die patrouillierenden Standardgegner, sondern vor allem die Konfrontationen mit skurrilen Boss-Kreaturen, die euch unzählige Male über den Jordan schicken.


Dass das Ganze zu keinem Zeitpunkt in ermüdende Unfairness ausartet, ist einzig und allein dem angenehmen Checkpoint-System zu verdanken, das aus nachvollziehbaren Gründen unverändert aus den Vorgängern übernommen wurde. Eingesammelte Münze darf ich an großzügig verteilten Statuen ausgeben, damit diese nach meinem unliebsamen Ableben als Startpunkt dienen und mir unnötig lange Laufwege ersparen. Netter Nebeneffekt: Hinter diesen Statuen verbirgt sich auch das Schnellreisesystem, mit dem erkundungsfreudige Horror-Touristen auf Wunsch binnen weniger Sekunden in bereits erforschte Gebiete zurückkehren dürfen.


Hieraus entsteht eine angenehme Balance aus Fingerspitzengefühl und Risikobereitschaft, die den Schwierigkeitsgrad definitiv erträglich gestaltet. Bedachtes Schleichen geht euch langsam auf den Senkel? Dann schaltet doch mal die Taschenlampe aus und hechtet blind durch einen von Feinden heimgesuchten Korridor. Ihr wollt einen wenig erfolgsversprechenden Plan ausprobieren, fürchtet jedoch die Konsequenzen? Kein Problem, die nächste Statue ist nicht weit und garantiert, dass euch ein Fehlschlag nicht zu weit nach hinten wirft.


Doch auch dieses Sicherheitsnetz kann einen gewissen Stresslevel nicht vermeiden, ging mir doch vor allem beim teuflischen Stelldichein mit einem angsterregenden Endgegner weiterhin ordentlich die Pumpe. Gleichzeitig vermittelte es mir zwischen meinen Fehlschlägen ein wichtiges Entspannungsgefühl, nahm mir temporär den Erfolgsdruck von den Schultern und ließ mit somit noch motivierter und beruhigter in einen neuen Versuch starten. Entnervte Zwangspausen wurden auf diese Weise gekonnt ausgehebelt.




Albtraumhaftes Sightseeing


Mittlerweile dürften sich Fans beider Vorgänger heimisch fühlen, hat sich Videospielschmiede Nippon Ichi Software doch sicht- und spürbar am grundlegendem Gameplay der Reihe orientiert und diesem höchstens ein wenig Feinschliff sowie marginale Neuerungen verpasst. Nichtsdestotrotz verkommt Yomawari: Lost in the Dark keineswegs zum innovationsarmen Serienstillstand, sondern bahnt sich mit einfachsten Mitteln einen Weg in meine Gedankenwelt und erschafft dadurch ein grandioses Horror-Feeling, das mich kaum losgelassen hat.


Dieser Umstand ist primär der ebenso düsteren wie auch wundervollen Stadt zu verdanken, die zunächst einen recht eindimensionalen Eindruck vermittelt, im Laufe meines Abenteuers vor Kreativität dann aber regelrecht explodiert. Beim Erkunden typischer Genre-Schauplätze wie einer verlassenen Schule, einem vergessenen Friedhof oder einem ominösen Geisterschiff erzählen kurze Zwischensequenzen und (teils unfassbar furchterregende) Notizen nämlich mitunter dramatische Geschichten, die über den Tellerrand der eigentlichen Rahmenhandlung blicken und potenziellen Plot-Leerlauf dadurch komplett vermeiden. Eine Problematik, mit der beide Vorgänger geringfügig zu kämpfen hatten.


Natürlich birgt das Integrieren mehrerer Handlungsstränge eine Gefahr, die Yomawari: Lost in the Dark jedoch spielend leicht umschifft. Denn obwohl die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Wesen zum Erreichen meiner eigenen Ziele unverzichtbar sein mag, bleibt der Fokus durchweg auf Yuzu gerichtet, die nicht etwa zur untätigen Nebenfigur degradiert, sondern vielmehr zur zentralen Hauptperson, einem wichtigen Element eines jeden narrativen Abschnitts erhoben wird. Dementsprechend sind alle Passagen mit einer angenehmen Daseinsberechtigung behaftet und greifen elegant ineinander, kreieren also ein phänomenales Story-Netz, in dem ich mich liebend gerne verfange.


Solltet ihr den Hauptpfad dann allerdings dennoch meiden und – wieso auch immer, ihr Verrückten – auf eine stygische Sightseeingtour gehen wollen, wird auch diese mit einem ansprechenden Motivationsfaktor versehen. Neben den bereits erwähnten Steinen und Münzen könnt ihr nämlich noch wertvolle Sammelgegenstände auflesen, die die Welt mit weiteren Informationen und Details unterfüttern und euch sogar manchmal zu verborgenen Geheimnissen lotsen. Logischerweise liegen diese Schätze nicht einfach auf der Straße herum, sondern sind mitunter verteufelt gut versteckt. Normalerweise kein großes Problem, im Falle von Yomawari: Lost in the Dark jedoch eine kleine Mutprobe, muss ich doch zunächst den notwendigen Mut aufbringen, um einen potenziell bedrohlichen Umweg einzuschlagen und damit länger als überhaupt nötig an einem unheimlichen Ort zu verweilen.




Absolute Kopfhörerpflicht


Vor allem während einer nächtlichen Gaming-Session gestaltete sich dieser Schritt als ungewöhnlich schwieriges Unterfangen, was allerdings nicht ausschließlich auf das gelungene Zusammenspiel aus bedrückender Handlung und forderndem Gameplay zurückzuführen ist. Während diese kombiniert zweifelsfrei ein anschauliches Horrorkonstrukt ergeben, ist es der audiovisuelle Aspekt, der alle wichtigen Bausteine zusammenhält und zugleich als standfestes Fundament einer unvergesslichen Gruselerfahrung dient.


Erneut stellt Nippon Ichi Software unschuldig anmutenden Charakter- und Geistermodellen im Chibi-Look herrlich abstrakte Bosse sowie beängstigende Schauplätze entgegen und erschafft dadurch ein außerordentlich eindringliches Artdesign mit Albtraum-Garantie. Dabei liefern weder die PC- noch die PS4- und Switch-Fassungen weltbewegende Grafikwunder, punkten dafür allerdings mit einer stabilen Performance und angenehm kurzen Ladezeiten. Und wer bei einem Titel wie Yomawari: Lost in the Dark nach visuellen Revolutionen lechzt und dabei die Flut an kreativen Einfällen missachtet, ist hier prinzipiell an falscher Stelle.


Das wahre technische Highlight ertönt jedoch erst, wenn ich dem anfänglichen Ratschlag folge und meinem Gaming-Vergnügen Kopfhörer hinzufüge. Sicherlich mag auch hier kein legendärer Soundthron bestiegen werden, durch das gezielte Betonen der variantenreichen Geräuschkulisse wird die unheimliche Erfahrung jedoch erstklassig intensiviert, weshalb mich jeder noch so kurze und dadurch harmlos erscheinende Streifzug durch die „verlassene“ Stadt um den Hals packt und stetig fester zudrückt. Ein Gefühl, dass durch die nur enorm selten einsetzende Musikuntermalung nochmals verstärkt wird. Ein normalerweise kritisch zu hinterfragender Minimalismus, der in diesem Fall eine große Stärke zusätzlich unterfüttert.


Yomawari: Lost in the Dark nimmt sich die beiden Vorgänger nicht nur als Vorbild, sondern sieht diese zudem als fantastischen Ausgangspunkt für einen packenden Survival-Nervenkitzel, der sich zwar im grünen Bereich der FSK-Tabelle ansiedelt, mit einem strengen Blick auf die psychologische Ebene allerdings problemlos eine höhere Einstufung verdient hätte. Nippon Ichi Software beweist abermals ein Händchen für eine gelungene Mischung unterschiedlicher Stile, die kombiniert manchmal subtiles, manchmal lautstarkes Horrorgeflecht ergeben. Gore- und Splatter-Freunde werden sich da wohl kaum erschrecken, vielleicht sogar eher müde lächeln. Doch dann war das Ganze wohl nicht ihr Horror – sondern der Horror der anderen Genre-Fans.


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Fazit


Dass es für eindringlichen Horror keinen FSK18-Sticker mit ausschweifenden Gewaltorgien und übertriebenen Blutfontänen braucht, stellt Entwicklerstudio Nippon Ichi Software mit Yomawari: Lost in the Dark erneut eindrucksvoll unter Beweis. Hinter der harmlos erscheinenden Altersfreigabe ab 12 Jahren versteckt sich nämlich ein furchteinflößendes Horrorerlebnis, das mit atmosphärischen Kniffen eine kleine psychologische Meisterleistung vollbringt.


Streift ihr inmitten eines dunklen Raums die Kopfhörer über und lasst euch vollends auf die Erkundung der gespenstischen Stadt ein, werdet ihr gnadenlos in eine packende Welt befördert, die mit ihren spannenden Geschichten, unangenehmen Themen, visuellen Kontrasten und verborgenen Geheimnissen punktet. Manchmal wird der Bogen fast schon überspannt, der Wunsch, dieses Grauen kurzzeitig zu verlassen dann doch enorm groß – doch irgendwie kann ich mich dann doch nicht lösen, sondern möchte noch tiefer eintauchen, mehr über die rätselhaften Ereignisse, die übernatürlichen Kreaturen erfahren. Und verspüre dabei fast regelmäßig einen wohligen Gruselschauer in meinem Nacken.


Solltet ihr bei euren Horrorabenteuern lieber auf ein breites Waffenrepertoire zurückgreifen, andauernde Passivität also verteufeln, oder unbehaglichen Themen wie Mobbing oder Suizid aus dem Weg gehen wollen, solltet ihr Yomawari: Lost in the Dark lieber meiden. Seid ihr allerdings auf der Suche nach einem besonderen Halloween-Titel, der euch ohne künstlich erzwungenem AAA-Bombast schlaflose Nächte bereiten kann, sei euch ein prüfender Blick definitiv empfohlen. Allerdings sollten sich Gamer mit schwachen Nerven zur Sicherheit kurze Ruhephasen und gelegentlich auch mal einen kleinen Schluck Beruhigungstee. Ihr werdet es mir danken.

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