Dieses Beispiel habe ich von einem Bekannten aus einem anderen Forum.. zwar habe ich kaum noch Kontakt zu ihm, aber ich denke es ist ganz in seinem Sinne, wenn ich sein Beispiel ein wenig modifiziere und es wieder einmal als Beginn für eine Diskussion nehme.
Stellt euch folgendes vor: Eine Gruppe von Menschen ist wegen einer Überflutung in einen engen Tunnelgang eingesperrt. Aufgrund der euch zur Verfügung stehenden Mittel könnt ihr pro Stunde nur eine Person retten. Mit jeder Stunde, die jedoch verstreicht, werden die übrigen Personen ein wenig näher an den Tod kommen, sprich: Je später ihr eine Person rettet, desto weniger Chancen hat sie, zu überleben. Folgende Personen sind in dem Tunnel gefangen:
Walter, 56: Vater von zwei Kindern, geschieden, raucht und trinkt exzessiv.
Silvia, 19: Im siebten Monat schwanger, hat ihren Freund verlassen, Kettenraucherin.
Annette, 79: Großmutter von zwei Enkelkindern, um die sie sich liebevoll kümmert, da deren Eltern keine Zeit haben. Ist unheilbar an Kehlkopfkrebs erkrankt.
Michael, 21: Hochbegabter Medizinstudent, der eine vielversprechende Karriere vor sich hat. Neigt in dunkelen Räumen zu Panikattacken und ist ein starker Choleriker.
Daniel, 34: Obdachloser Trinker ohne engere soziale Kontakte.
Sabine, 40: Mutter von drei Kindern, verheiratet, geht regelmäßig in die Kirche und engagiert sich sozial.
Jeremy, 30: Amerikanischer Angestellter des CIA, eine sehr dominante und gebildete Persönlichkeit.
Nun die Frage: In welcher Reihenfolge würdet ihr die Personen retten und wieso? Wie würdet ihr mit eurer Entscheidung umgehen und könntet ihr euch vorstellen, auch eine andere zu treffen?
Ich möchte hier niemanden moralisch beurteilen, daher gebe ich meine Wertung als erster ab und betone dabei ausdrücklich, dass es sich um eine rein fiktive Situation handelt und ich im realen Leben vermutlich die Verantwortung nicht zu schultern wüsste. Meine Reihenfolge wäre:
1. Silvia, ihr ungeborenes Kind hat ein solches Schicksal nicht verdient. Selbst wenn es höchstwahrscheinlich mit enormen Behinderungen auf die Welt kommt, so rechtfertigt das nicht, es ungeboren sterben zu lassen.
2. Sabine, da sie eine sehr starke, gefestigte und offenbar mit sich im Reinen stehende Persönlichkeit ist.
3. Michael, da er in seiner späteren Karriere sicherlich viele Menschen retten wird.
4. Annette, selbst wenn sie nicht mehr lange zu leben hat, so kann sie sich noch von ihren Verwandten verabschieden.
5. Walter, selbst wenn er sicher nicht der beste Vater ist, so sollte kein Kind jemanden so nahestehenden auf diese Art und Weise verlieren müssen (selbst wenn es hier schon sehr knapp wird).
6. Daniel, hier kann ich keine Begründung abgeben.
7. Jeremy, da er wegen seiner Ausbildung wohl am ehesten selbst in der kritischsten Situation überleben kann/sich dem psychischen Druck wohl am ehesten wird anpassen können.
Und meine Entscheidung ist hier nicht definitiv. Woher weiß ich, das die hier gegebenen Informationen vollständig sind und was die Geretteten mit ihrer zweiten Chance anfangen würden? Woher weiß ich, das Silvia nicht am nächsten Tag ihr Kind umbringt und sich selbst noch mit dazu? Ich habe keine Garantie dafür. Zumal denke ich nicht, dass ich diesem moralischen Druck gewachsen wäre, wenn auch nur eine einzige Person sterben würde. Ich würde mir vermutlich auf ewig Vorwürfe machen, nicht alle Personen gerettet zu haben und daran zugrunde gehen, so wie ich mich kenne.
Wie sieht es bei euch aus?