• .:*°* Ich dachte, da hier momentan die Welle der FFs mit negativen Schwingungen anschwappt, kann ich einen sinnvollen und ergänzenden Beitrag leisten. Nur 'ne Kurzgeschichte, eigentlich unklug sie hochzuladen, weil's nicht mein typischer Schreibstil ist und ich sie auf schulischen Vorgaben aufgebaut habe, aber egal. Viel Spaß damit, oder auch nicht xDD *°*:.


    Immer


    „Manchmal…“, setzte sie an, während sie gedankenverloren ihren viel zu langen Pony nach hinten schüttelte. Sie hatte das schon immer getan, seit ich sie kannte. Jedes Mal, wenn sie etwas Unangenehmes zu sagen hatte fuhr sie sich mit der Linken durch den Pony und schob ihn somit aus ihrem Gesicht, nur damit ihr im nächsten Moment einfiel, dass man so jede ihrer Regungen sehen konnte. Also senkte sie den Kopf und er fiel erneut vor ihr linkes Auge. Wie immer.
    „Manchmal…“, wiederholte sie, fuhr dann jedoch fort. „…habe ich Träume.“ Ihre braun-grünen Augen fixierten einen Punkt hinter meiner Schulter. Normalerweise schaute sie mir in die Augen.
    „Ich falle und da ist kein Boden. Nicht, dass ich ihn sehen könnte, wenn da einer wäre, aber…“ Sie ließ den Satz in der Luft hängen, wie sie es ständig tat, lachte laut auf und fuhr sich mit der Linken durch ihren Pony. „Aber das ist eh ein Traum, also zählt das nicht.“ Sie kicherte und verschleierte ihr linkes Auge erneut. Ihr Blick suchte den Boden und blieb an dem Asphalt hängen. Vielleicht an einer Gänseblume, die sich durch den Asphalt nach oben gekämpft hatte. Irgendwo hatte ich so etwas gelesen. Nach wie vor war es verwunderlich, dass etwas so zartes, solche Kraft entwickeln konnte, nur um zu leben. Wenn irgendjemand zweifeln sollte, sollte er sich ein Beispiel an den Blumen nehmen! Nichts war kostbarer als zu leben. Sie bewiesen das.
    Zu spät bemerkte ich, dass sie mich aus großen Augen musterte. „Woran denkst du?“, fragte sie mit einem süffisanten Lächeln. Sie zog ihren rechten Mundwinkel dabei meist etwas höher als den linken, sodass es schief aussah.
    „Gänseblumen“, antwortete ich und lächelte zurück, fügte bewusst unbeschwert hinzu: „Aber du wolltest sicher noch was sagen?“
    Sie legte den Kopf schief, ihr Pony fiel weiter vor ihr Auge. „Nö, nicht wirklich.“ Ihre Stimme klang zu leicht. „Übrigens…“ Betont locker ließ sie sich mit dem Rücken gegen das steinerne Bahnhäuschen sinken und schaute auf die Gleise. Unser Zug nach Hause musste gleich kommen. „Wusstest du, dass er gesagt hat, er sei ein Gänseblümchen? Metaphorisch gesprochen, aber…“ Sie lachte wieder und schüttelte in gespielter Fassungslosigkeit den Kopf. „Ein Gänseblümchen! Ich wünschte er wüsste, wie viel mehr er ist!“
    Ich zuckte die Schultern. „Gänseblümchen können den Asphalt aufbrechen, wenn sie wachsen wollen. Denke ich zumindest….“
    „Ja, das kann er…“
    Ihr Blick streifte meinen Arm und wandte sich wieder den Gleisen hinter mir zu, doch ich hatte das Gefühl, sie sah etwas Anderes. Irgendetwas, fern von hier.
    Veras Arm tauchte überraschend auf ihrer Schulter auf, durch das abstrakt anmutende Loch, welches wohl ein Fenster für das Bahnhofshäuschen darstellen sollte. „Worüber redet ihr denn?“, grinste sie.
    „Gänseblümchen“, antwortete ich wieder, woraufhin Vera nur erstaunt das Gesicht verzog. Oder war es Ekel?
    „Ihr immer!“, sagte sie dann und verdrehte die Augen. „Eigentlich wollte ich eh nur gucken, wann endlich die Bahn kommt. Immer diese Verspätungen…Dann lass ich euch Hübschen mal weiter über…Unkraut reden“ Es war definitiv Ekel. Veras Kopf verschwand wieder. Wahrscheinlich galt ihre Aufmerksamkeit wieder irgendwelchen Planungen, Fantastereien und anderen Dingen mit denen man Zeit totschlagen konnte.
    Ich betrachtete nun ebenfalls die Gleise.
    „Ja… Gänseblümchen…“, sagte ich, um den kaum vorhandenen Faden wieder zu finden und schaute zu meiner vorigen Gesprächspartnerin, welche unter dem Vorhang ihres Ponys kaum zu erkennen war.
    „Ach, lass das mit den Gänseblümchen doch mal!“, lachte sie.
    „Worüber reden wir dann? Regentropfen?“
    „An einem sonnigen Tag?“ Schallendes Lachen. Wie Glocken. Oder splitterndes Glas.
    Sie hatte die Angewohnheit die Schultern hochzuziehen, wenn sie lachte. Sie sagte, sie mache das schon immer und ich glaubte ihr.
    „Wieso nicht?“ Ich lächelte ihr mein strahlendstes, unschuldigstes Lächeln zu schenken, doch sie lachte nur noch lauter.
    „Süß!“, stieß sie hervor. Das aktuelle Lieblingswort von ihr. Welcher 18-jährige Mensch wollte schon gern „süß“ genannt werden? Vielleicht war es ihre Rache, dass sie selbst immer so genannt wurde.
    Ich schüttelte den Kopf und lächelte sie an. Ihr Lachen stoppte und sie schaute mir direkt in die Augen.
    Langsam, als sei ich etwas Zerbrechliches, das sie unter keinen Umständen zerbrechen wollte, legte sie ihre Arme um meine Schultern und umarmte mich. Perplex schaute ich sie an, sofern mir das möglich war. Sie war keine zehn Zentimeter kleiner als ich, aber aus einem mir unerfindlichen Grund wirkte sie plötzlich noch viel kleiner.
    „Ich hab’ dich wirklich lieb, weißt du?“, sagte sie, gedämpft von meinem T-Shirt.
    „Ich dich auch“, erwiderte ich verwundert.
    Sie machte sich los und lächelte mich an, bevor sie in ihrer Tasche kramte und mir ihr Handy in die Hand drückte. Ihre Augen glänzten verräterisch und ich fragte mich ernsthaft, was sie nun wieder vorhatte. Sie neigte zu seltsamen, verschlüsselten Nachrichten; hatte sie mir auf den Weg gestreut, denselben den wir die ganze Zeit zusammen gegangen waren. Doch ich hatte kaum all die Teile einsammeln können, ohne sie aus den Augen zu verlieren, hatte im Vorbeigehen alle Puzzlesteinchen zusammengefügt, ohne ihre fliehende Silhouette am Horizont aus den Augen zu lassen.
    Mit ihrem blendendsten Lächeln erklärte sie „Das Menü öffnen, dann auf das Telefonbuch und da sind alle wichtigen Personen verzeichnet. Rufst du sie an?“
    Ich starrte das schwarze Ding in meiner Hand an, als hätte mir jemand ein fremdes Kind untergeschoben und versuchte einen Sinn zu finden, als ich sie an mir vorbei gehen hörte. Ihre Schritte waren ungleichmäßig. Sie setzte ihren rechten Fuß immer anders auf, als den linken. An manchen Tagen sah es aus, als würde sie leicht humpeln, nur wenn man es wusste. Vielleicht rührten ihre Knieprobleme daher.
    „Ich hab dich wirklich lieb. Und ich freue mich, dass du das auch behauptest.“
    Ich schaute zu ihr. Sie stand mit dem Rücken zu mir, aber ich war mir sicher, dass sie weinte.
    Und meine ohnehin verwunderten Gesichtszüge entglitten mir komplett, als sie ihren letzten Satz sagte:
    „Nur leider kennst du mich nicht.“
    Sie machte einen Satz auf die Schienen, als diese zu klirren begannen.











    (((Danke für's Lesen x3)))

    "Fedrig stark sind meine Schwingen
    Und obwohl ich schwer wie Blei
    Kannst du mich nicht mehr bezwingen,
    Bin ich endlich federfrei. "


  • Ich hab das Ende offen gelassen, weil ich sie nicht eindeutig töten wollte xDDD
    Die Protagonistin hätte mir zu sehr Leid getan. Ursprünglich war es so konzipiert, dass sie eindeutig stirbt, aber ich konnte das nicht, deshalb...
    (Außerdem sagt die Vorgabe, denn ich hab ja bereits gesagt, ich hab die Kurzgeschichte doch ziemlich an das Muster angepasst, dass eine Kurzgeschichte meist einen offenen Anfang und teilweise ein offenes Ende besitzt, was ich ganz intelligent finde, weil Kurzgeschichten meistens mehr inne haben, als es scheint und ein klares Ende würde den Leser mit dem Gefühl eine komplette Geschichte gelesen zu haben zurück lassen, ohne dass er darauf kommen würde, weiter drüber nachzudenken.) In diesem Sinne, such es dir aus, solange du es logisch begründen kannst. Beides ist möglich.^^


    Lol, zufriedenstellende Antwort?? xDD


    Auf jeden Fall freut es mich, dass es trotzdem gefallen hat^^ Danke Lucilein <3 *knuffs*

    "Fedrig stark sind meine Schwingen
    Und obwohl ich schwer wie Blei
    Kannst du mich nicht mehr bezwingen,
    Bin ich endlich federfrei. "


  • Hm, also ich wills mal so ausdrücken.... dieses klirrende Geräusch das du am Schluss so trefflich beschreibst, das ist für mich eigentlich ein ganz sicheres Zeichen dass sie sich vor den Augen der anderen vor den Zug geworfen hat. Nur mal so am Rande: Schwarze Sonne hat ja im ersten Kapitel ein sehr ähnliches Ende (mit dem Unterschied das da das Ende nicht offen ist) weil ich irgendwie einen ganz fiesen Drang zu dramatik und Co habe. Der Gedanke das jemand vom Zug zu einer unkenntlichen Masse zerrissen wird, is auf seine ganz eigene Art und Weise speziell bei mir extrem Schmerzhaft... mir schnürts die Kehle zu ^^' dieses Bild geht mir leider nicht aus dem Kopf. von dem her hast du damit schon fast die alte Erinnerung meiner eigenen Geschichte aufgefrischt +flenn+ Schäm dich Malice xD jetz bin ich extrem traurig +snüff+
    Hast du gut gemacht <333

  • @Lucy: Ach, die Schienen klirren ja, wenn der Zug schon ziemlich nah ist. Da sind noch ein paar Sekunden um zu reagieren. Natürlich sind mehr Leute zu geschockt um irgendwas zu tun, also ist es sehr wahrscheinlich, dass " sie" stirbt (wie's ja anfangs auch vorgesehen war xDD) Allerdings gibt es ja auch Leute, die anders reagieren und nicht mit der Lähmung durch Schock. Nämlich solche, die sich affektiv nach vorne stürzen.
    (Hast du mal von dem Kerl gehört, der in letzter Sekunde auf die Schienen gesprungen ist, als ein Mann stürzte? Der hat den unter einen sicheren Vorsprung gestoßen und hat sich selbst unter selbigen auf der anderen Seite gerettet. Der Typ ist ein Held, die Aktion wahrscheinlich einmalig, aber das nur um zu zeigen, dass so etwas auch möglich ist^^ (Wie auch immer, da ich das Original zur Protagonistin kenne (ich hatte reale Vorbilder. Nicht 1:1, aber doch schon sehr sehr ähnlich) sag ich einfach mal, dass es nahezu unmöglich ist xDD))


    Neee, ich hab's nicht so mit zerfleischten Hackbällchen in meinen Geschichten. Das zieht die zuvor geschaffene Stimmung irgendwie runter..... Naja, zumindest in diesem Falle hätte ich es unpassend gefunden und noch viel unfairer der Protagonistin gegenüber^^"


    Es fällt mir im Traum nicht ein, mich zu schämen xDD *trotzdem Taschentuch reich*


    @Mao: Dankeschön^^ Dann hab ich ja irgendwas richtig gemacht xDDD (sry^^) Danke für den netten Kommentar

    "Fedrig stark sind meine Schwingen
    Und obwohl ich schwer wie Blei
    Kannst du mich nicht mehr bezwingen,
    Bin ich endlich federfrei. "


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  • Stimmt schon. Trotzdem hat mir diese Szene als das Handy mit den wichtigen Nummern rüber gereicht wird ne ziemliche Gänsehaut verpasst. Mir hats förmlich die Haare aufgestellt T_T
    Das ist nicht der einzige Fall. Da gabs noch jemanden der ein kleines Kind vor dem anrollenden Zug gerettet hat. Ich meine es war n Mädchen das aus irgend nem dummen Zufall heraus auf die Gleise gestürzt ist, die wurde auch von nem couragierten Mann gerettet. Fand ich extrem klasse.


    Naja was heißt Hackbällchen. Die Wahrheit ist nunmal leider das ein Zug nicht sehr viel von dem ursprünglichen Menschen übrig lässt. Eine etwas übelkeit erregende Tatsache, aber was will man machen? Die Realität besteht leider auch nicht aus flauschigen Wattewölkchen mit Zebralackierung xP Aber stimmt schon. In dem Fall war es sogar gold richtig das Ende offen zu lassen und jegliche Beschreibung über einen matschigen Menschen fern zu halten. Das hätte die Stimmung wirklich ruiniert.


    +snüff+ na guuut T_T aber nächstes mal schämst du dich dann bitte xDDD